Geostrategie, Manipulation & Krieg: Propagandaforscher Dr. Jonas Tögel über die aktuelle brandgefährliche Lage Europas

Wir erleben möglicherweise gerade den Vorabend eines großen Europäischen Krieges. Noch nie seit Ende von WkII war die Gefahr der Zerstörung Europas so groß, wie dieser Tage. Millionen Menschenleben stehen auf dem Spiel, wenn verantwortungslose Politiker und Medien in trauter Einigkeit mit dem militärisch-industriellen Komplex den Konflikt mit Russland beständig eskalieren. Zu diesem Thema hielt der Propagandaforscher Dr. Jonas Tögel einen eindrücklichen Vortrag, der unten verlinkt ist. 

Verrohung und Eskalation anstatt Diplomatie

Während die politische Sprache des Wertewestens* einen kaum dagewesenen Grad an Verrohung erreicht hat, findet ein diplomatischer Kontakt zum erklärten Gegner kaum mehr statt. Stattdessen werden alle Register der Propaganda und Angsterzeugung gezogen, werden angebliche Drohnenattacken Russlands massenmedial aufgeblasen, wird die neue NATO-Ostflanke militärisch hochgerüstet, werden Milliarden Euro in Militär und Aufrüstung gepulvert, wird eine Befriedung des Ukrainekrieges torpediert oder gefordert, den Krieg nach Russland zu tragen. Das Feinbild wird zementiert, Russophobie zum antislawischen Rassismus übersteigert und der russische Präsident dämonisiert. Die Zeichen stehen auf Krieg, dieser wird förmlich heraufbeschworen von Politikern wie Blackrock-Kanzler Merz und seiner Entourage, von skrupel- bis geistlosen Pseudoexperten und einer ganzen Hilfsarmee von Schreibtischtätern in zahllosen Redaktionsstuben.

All dies ist nicht vom Himmel gefallen, es ist auch nicht das zufällige Resultat unkoordinierter, eigenständiger und sich willkürlich überkreuzender historischer Entwicklungslinien. Und damit ist es keine Art Unfall der Geschichte, sondern vielmehr ein bereits seit Jahrzehnten aus machtpolitischen Kalkülen angesteuerter Zustand der Instabilität an der Schnittstelle zwischen Europa und Asien.

Wer das Herzland beherrscht, beherrscht die Welt

Die geostrategischen Denkspiele, die mit in die aktuelle Misere geführt haben, stammen aus der Zeit um den Ersten Weltkrieg. Dort kamen Strategen der Kolonialmacht Großbritannien zum Schluss, dass der Beherrscher des Herzlandes (Begriff für Eurasien bis etwa zum Westufer des Schwarzen Meeres) auch die Welt beherrscht. Der Schlüssel zur globalen Macht lag also im Wesentlichen in der politischen Kontrolle Russlands und seiner unmittelbaren westlichen Anrainer. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Herzland-Theorie von den zur Hegemonialmacht aufsteigenden USA übernommen, während Großbritannien an Bedeutung einbüßte.

Und so blickte man von jenseits des Atlantiks argwöhnisch auf das Nachkriegseuropa, wo sich die zu erbitterten Feinden gewandelten ehemaligen Alliierten am Eisernen Vorhang schwerbewaffnet gegenüberstanden. Ein Fokus war dabei auf Deutschland gerichtet, von dem sich ein nicht unerheblicher Teil unter sowjetischem Einfluss befand. Zwar ist Deutschland nicht Teil des Herzlandes, durch seine technologische Innovationskraft jedoch ein potenzieller Partner des rohstoff- und ressourcenreichen Sowjetreichs. Eine Kollaboration beider Staaten hätte aus US-amerikanischer Sicht eine potente Supermacht zur Folge, die die eigene Hegemonie arg in Bedrängnis bringen könnte. Und so galt es, einer solchen Verbindung, und sei sie auch noch so unwahrscheinlich, ein für alle Mal einen Riegel vorzuschieben.

NATO: „Sowjetunion draußen, USA drinnen und Deutschland unten“ halten  

Auf die sich verschärfende Blockkonfrontation reagierten die sich gegenüberstehenden Supermächte mit der Bildung von Militärbündnissen, innerhalb derer sie Gruppen faktischer Vasallenstaaten zur eigenen Absicherung und als Dispositionsmasse strategisch formierten. Im Falle des Warschauer Paktes traf es den Gürtel von Staaten westlich der Sowjetunion, im Falle der NATO insbesondere Westdeutschland, dessen erste Regierung sich unter Kanzler Adenauer nichts Besseres vorstellen konnte, als eine neue Armee aufzubauen und in die NATO einzutreten.

Hier trat die eigentümliche Mischung aus Dümmlichkeit, Hybris und Vasallentum in Erscheinung, die sich als ein typisches Merkmal vieler bundesdeutscher Politeliten bis in die heutige Zeit fortschreiben und perfektionieren sollte. Denn entgegen der zum verbreiteten Irrglauben avancierten Desinformation vom Schutz der jungen Bundesrepublik vor den Sowjets durch die NATO und dem nuklearen Schutzschirm Westeuropas, sahen die strategischen Planungen der NATO-Militärs im Falle eines Angriffs aus dem Osten nichts Geringeres als die nukleare Vernichtung Deutschlands vor. Und daran hat sich bis heute nichts verändert. Nur mir dem Unterschied, dass europäische und insbesondere deutsche Politiker den Angriff aus dem Osten geradezu heraufbeschwören.

Planspiele der Massenvernichtung

Was die NATO Schönes für die junge Bundesrepublik in der Schatulle hat, wurde 1955 erstmals in der Übung „Carte Blanche“ sichtbar, als der simulierte Konflikt zwischen Warschauer Pakt und NATO in der atomaren Vernichtung Deutschlands endete. Ein Muster, das sich in vielen weiteren Planspielen und Manövern fortan wiederholen sollte, denn Deutschland war Aufmarschgebiet, war Hauptschauplatz eines heißen Krieges zwischen den verfeindeten Mächten. Die meisten der an den Planspielen beteiligten Politiker spielten ihre Rollen übrigens brav mit – bis hin zur atomaren Verdampfung ihrer eigenen Bevölkerung. Eine löbliche Ausnahme davon stellte Willy Wimmer anlässlich des Wintex-Cimex Planspiels dar, der sich schlichtweg weigerte, den Einsatzbefehl für die Atombomben zu geben und das militärische Wahnsinnsschauspiel daraufhin verließ.

MAD und Selbstmord

Seit dem früheren Kalten Krieg und dem heutigen Kalten Krieg hat sich einiges geändert, vieles ist jedoch gleich geblieben. Zu den Dingen, die sich nicht wesentlich verändert haben, zählt die strategische Rolle Deutschlands im Falle eines heißen Krieges. Während die zentralen Schlachtfelder (zunächst) in den östlichen Nachbarstaaten liegen, käme Deutschland die Rolle des logistischen Aufmarsch- und Transitgebietes zu. Truppen und Waffen müssten an die Front im Osten geschafft werden, mitten durch Deutschland. Das macht es nicht viel besser, denn die Zerstörung der Nachschublinien zählt zu den strategischen Hauptaufgaben im Krieg. Hinzu kämen mit dem riesigen US-Stützpunkt in Ramstein, der US-Heeresgarnison Wiesbaden, dem Lager für US-Atombomben in Büchel, dem Rheinmetall-Munitionswerk in Unterlüß oder dem Taurus-Werk in Schrobenhausen lohnenswerte Ziele für die russischen Oreschnik-Hyperschallraketen.

Geändert hat sich auch das Verhältnis der Atommächte USA und Russland zum Atomkrieg als solchem. Seitdem infolge der massiven nuklearen Aufrüstung eine Mutual Assured Destruction (MAD), also die gesicherte gegenseitige Vernichtung droht, haben beide Atommächte Abstand von einem globalen Atomkrieg genommen. Wozu sich die eigenen Länder kaputtmachen lassen, wenn man den Krieg auch in Europa ausfechten kann, lautet die Devise. 

Europa ist entbehrlich geworden. Ein intern gespaltenes Kontinentenfragment aus einem Bündel mehr oder weniger eigenständiger Vasallenstaaten, wirtschaftlich im Abschwung begriffen und weltpolitisch zunehmend ohne Bedeutung, angeführt von korrupten bis kriminellen Machtpolitikern, die schon lange nicht mehr die Interessen der europäischen Bürger vertreten und stattdessen Meinungsfreiheit und Demokratie den Kampf angesagt haben.

Europäischen und deutschen Poltiteliten müsste klar sein, dass ein heißer Krieg mit Russland über kurz oder lang in die komplette Verwüstung Europas münden würde. Die militärstrategischen Dokumente für ein solches Szenario sind in Teilen öffentlich zugänglich und sind aktuellen wie früheren Kriegstreibern wie Merz, Pistorius, Bärbock, Strack-Zimmermann, Breuer, Freuding, Habeck, Hofreiter, Kiesewetter, Röttgen, Gabriel sowie den zahlreichen Helfershelfern in den Medien durchaus bekannt. Dass sie trotzdem in einer angespannten Lage immer weiter eskalieren, macht fassungslos.       

Deutsche Machteliten geben Land und Bevölkerung auf

Wir befinden uns mitten in einer geopolitischen Umstrukturierung: Während die unipolare Ordnung mit der alleinigen Hegemonialmacht USA zerfällt, etabliert sich mit den BRICS-Staaten ein neuer globaler Machtpol. Die USA befinden sich im Abstiegskampf und sind gleichzeitig mit massiven innenpolitischen Verwerfungen konfrontiert.

Eine vorhersehbare Situation, die in den USA insbesondere unter den Neocons angestrengt diskutiert wurde. Zu den prominentesten Lösungsvorschlägen zählt vor allem der Vorschlag des US-Politikberaters Zbigniew Brzezinski, die Ausbildung einer eurasischen Machtstellung zu unterbinden, wobei der Ukraine als Scharnier zwischen Ost- und Westeuropa eine Schlüsselstellung beigemessen wurde. Ganz in diesem Sinne sind der pro-westliche Regime-Change in Kiew, die militärische Aufrüstung und der anvisierte NATO-Beitritt des Landes zu verstehen.

Ein ähnlicher Ansatz wurde von der einflussreichen RAND-Corporation in ihrem 2019 veröffentlichten Aufsatz „Overextending and unbalancing Russia“ verfolgt, in dem es um die Schwächung Russlands durch die Provokation eines militärischen Engagements in der Ukraine ging.  

Während die genannten Strategien zur Schwächung Russlands zu Zeiten der Dominanz der Neocons unter US-(Marionetten-)Präsident Biden umgesetzt wurden, scheint sich die Trump-Administration aus dem teuren und gefährlichen Unterfangen in Osteuropa zurückzuziehen. So oder so, die ursprünglichen Ziele sind erreicht: Deutschland befindet sich dank willfähriger / strunzdummer / manipulierter / gezielt eingesetzter (bitte hier das passende Adjektiv einsetzen) Machteliten in einer Art Vor-Kriegszustand mit Russland, der jederzeit in einen vollen Kriegszustand wechseln kann. Deutschland hat sämtliche vorteilhafte Verbindungen mit Russland gekappt und sich in eine teure Abhängigkeit von den USA begeben (besonderer Dank ergeht an Kanonen-Uschi!). 

Ob vulgäre Verbalattacken, Piraterie, Drohnenpanik mit entsprechenden Schuldzuweisungen oder die angestrebte Beschlagnahme des russischen Auslandsvermögens – die Bundesregierung provoziert, wo sie nur kann. Gleichzeitig wird die Bevölkerung mit hybrider Kriegsführung überzogen, militarisiert, manipuliert und auf Linie gebracht, die Meinungsfreiheit wird weiter eingedampft, der Debattenraum eingeengt und die gesellschaftliche Kohäsion von Innen heraus aufgeweicht, u.a. auch durch Massenmigration. 

In dieser Situation genügt nur ein Funke, ein Versehen, ein Missverständnis oder auch jener Tropfen, der das Fass schließlich zum Überlaufen bringt, und Europa könnte in einem neuen Großen Europäischen Krieg in das Paläozän zurückgeworfen werden. Geostrategisch hätten die USA dann, was sie wollten: Russland wäre geschwächt und die Stellung als Hegemonialmacht wäre vorerst gesichert. Und was Europa betrifft, der selbstmörderische Vasallenhaufen konnte schließlich eh weg… 

* Orwell’sches Neusprech