Freier Meinungsaustausch ist ein Grundelement von Demokratien. Kontroversen dürfen, sollen und müssen ausgetragen werden. Gerne auch leidenschaftlich. Schließlich dient der Diskurs der Herstellung eines tragfähigen Kompromisses, der letztlich ein stabilisierender Faktor der Kohärenz einer demokratisch verfassten Gesellschaft ist.
Abschied von Meinungsfreiheit und Demokratie
Ein Allgemeinplatz, der spätestens in der Conrona-Krise zu Grabe getragen wurde. Meinungen, die vom herrschenden Mainstream der vorgegeben Regierungslinie abwichen, wurden vehement bekämpft. Wissenschaftler und Denker, die den offiziellen Kurs samt seiner Maßnahmen kritisierten und mögliche Kollateralschäden anmahnten, wurden diffamiert und gezielt sozial beschädigt. Ähnlich erging es Menschen, die ihr Recht auf körperliche Selbstbestimmung einforderten und die zur Staatsraison avancierten und nur not-zugelassenen Gen-Injektionen ablehnten. Ein in der Geschichte der Bundesrepublik einmaliger Verrat an den Prinzipien von Grundechten und Demokratie.
Und sie setzt sich fort, die Erosion der Verfassungsprinzipien unserer Gesellschaft. Mit dem Ukrainekrieg trat an die Seite der Corona-Staatsraison eine weitere, nämlich die bedingungslose Solidarität mit der Ukraine und ein fast ebensolcher Anti-Russismus. Der in der Corona-Krise eingeübte Regierungsgehorsam, die erfolgreiche Konditionierung und Mobilisierung der Bevölkerung auf die Staatsraison („Impfen ist Bürgerpflicht…“), konnte genutzt und zielgerichtet für weitere Regierungspläne eingesetzt werden.
Auf diese Weise gelang es, weitere verordnete Einschnitte in persönliche Freiheiten („Frieren für die Freiheit“) erduldbar zu machen, die im Zuge von Inflation und rasant steigenden Energiepreisen abermals tausende Menschen in Existenznöte stürzen dürften. Aus ideologischen Gründen, versteht sich. Es muss nun nicht mehr nur ein gemeingefährliches Killervirus, sondern zusätzlich auch der bösartige Russe bekämpft werden. Eine Gesellschaft hat ein neues Instrumentarium sozialer Praktiken erlernt, das nun schnell für den Kampf gegen jeden anderen verordneten Feind mobilisiert werden kann.
Realität wird sozial konstruiert – allerdings unter ungleichen Bedingungen
Der Sozialkonstruktivismus lehrt, dass Realitäten im sozialen Miteinander erschaffen werden. Kein Gegenstand der menschlichen Wahrnehmung entkommt der Interpretation des Geistes, die ihrerseits ein Destillat der Summe gesellschaftlicher Kommunikationen und Diskurse ist. Das betrifft nicht nur einfache Objekte wie Möbel oder Wälder, sondern auch komplexe Sachverhalte wie Pandemien, geostrategische Konstellationen oder historische Entwicklungen.
Allerdings verläuft die soziale Konstruktion der Realitäten in spätkapitalistischen Gesellschaften unter ausgesprochen asymmetrischen Bedingungen (im Gegensatz zum phylogenetischen Verweis auf den in Kleingruppen jagenden und sammelnden Homo Sapiens). Im Zuge der kapitalistischen Gesellschaftsformation konnten sich ähnlich gesinnte und interessengeleitete Kräfte konzentrieren, die die Funktions- und Bestandsbedingungen einer Gesellschaft definieren und damit auch die semantische Deutungshoheit gewinnen konnten. Nach der Theorie versuchen demokratische Systeme, diesem Missverhältnis entgegenzuwirken. Die politische Wirklichkeit sieht leider anders aus.
Regulation und Deutungshoheit
Es bildete sich ein spezifisches kybernetisches Verhältnis zwischen dem politisch-administrativen Komplex und der in den Wertschöpfungsprozess eingebundenen Bevölkerung heraus. Der Stabilisierung dieses gesellschaftlichen Systems dienen komplexe Strukturregeln, die bis in die tiefsten Bereiche des privaten Lebensvollzugs hineinreichen und die von der neo-marxistischen Regulationstheorie als für bestimmte historische Konstellationen typische Regulationsweisen bezeichnet werden (Eine interessante Analogie zum erweiterten Staatsbegriffs von Gramsci).
Die konkreten Auswirkungen dieser Theorien sind heute deutlich erlebbar. Der politisch-administrative Komplex hat – vor dem Hintergrund einer sich wandelnden historischen Konstellation – in kooperativer Nutzung des massenmedialen Systems nicht nur die Deutungshoheit, sondern auch eine Deutungsübermacht erlangt, was eine Änderung der Regulationsweise ermöglichte. In der Folge erodierten demokratische Praxen als strukturelle (und im humanistischen Sinne auch ideelle) Regulationsmechanismen, während totalitäre Elemente zunehmend an Bedeutung gewannen. Letzteres ist in der historischen Perspektive eine zivilisatorische Regression.
Geschichten, damals und heute
Back to basics: Erzählungen – Narrative – sind unabdingbare Methoden realitiätsbildender kommunikativer Prozesse. Das war früher wie heute so. Der antike oder mittelalterliche „Journalist“ vermittelte seine Botschaften durch eine opulente und nicht selten poetische Bildersprache, die allfällige Hinweise zu ihrer Interpretation gleich mitlieferte. Tröpfelte Kritik am König oder Fürsten durch, war er nicht selten am Tag darauf einen Kopf kürzer. Das aktuelle Mediensystem funktioniert nach ähnlichen, Jahrtausende lang erprobten Mechanismen. Das gilt für die Corona-Krise wie für den Ukrainekrieg. Einmal ist es das schlimme Virus, ein anderes Mal der verrücke Autokrat Putin mit seinen Allmachtsphantasien. Immer gilt es, ein Feindbild zur bekämpfen – wird das nächste Krisenthema sein?
Hintergründe und Begleitumstände rücken bei den (konstruierten?) Krisen aus dem öffentlichen Diskurs ( z.B. Laborherkunft Virus, Interessen von BigPharma und BigTech, technologische Bevölkerungskontrolle mit Profiterwartungen BigData, machtpolitische und geostrategische Interessen USA, Trend zum Totalitarismus, Mobilisierung der Bevölkerung für politische Ziele, Reduktion der Weltbevölkerung etc.).
Kollektive Regression
Tiefenspsychologisch gesehen, scheint eine gesamtgesellschaftliche Regression zu eher kindliche Entwicklungsstadien stattzufinden. Die stabilisierende und die das gemeinschaftliche Leben regulierende Funktion der Kultur hat weitgehend ausgedient. Erkennbar ist das beispielsweise an der Debattenkultur, an der Art und Weise des gemeinschaftlichen Umgangs bei kontroversen Positionen. Die politisch gewollte und von den Leitmedien willfährig aufgegriffene Beseitigung kritischer Stimmen aus dem öffentlichen Diskurs, setzt sich derweil auch auf zivilrechtlicher Ebene fort, indem die Konten und Social-Media-Accounts alternativer Journalisten gesperrt werden (Zensur) oder ihnen das SEK morgendliche Besuche abstattet (Willkür).
Kritische Bürger erkennen den Trend zur kollektiven Regression aber auch an simplen Antworten auf Beitrage auf Social-Media-Plattformen. Nicht immer, aber auffällig häufig, sind regierungs- oder narrativ-konforme Äußerungen sehr emotional. Beleidigungen ersetzten Argumente, weil kognitive Dissonanzen egalisiert werden wollen.
Ork suja blyat
Abschließend ein nettes Beispiel dafür: Auf meinen Twitter-Kommentar zur Meldung der WELT zu Äußerungen von Außenministerin Baerbock hinsichtlich des Umgangs mit Russland äußerte sich ein User namens Spaghetti Carbonara
Ob der Account einen echten User repräsentiert oder eine Fake-Account der ukrainischen Regierung ist, lässt sich nicht überprüfen. Interessant ist nur, dass Aggression Argumente ersetzt: Russenbot Ork suka blyat ist eine Beleidigung und bedeutet in etwa Russenbot, du dummes Arschloch. Nett. Sehr nett. Assoziationen werden wach an die staatlich vorangetriebene Diskriminierung umgeimpfter Menschen. Von der Geiselhaft (Lauterbach) über die Tyrannei der Ungeimpften (Montgomery) – ein herzliches ork suja blyat schwingt immer mit.
So, wie elektrischer Stromfluss nur durch gegensätzlich gepolte elektrische Spannung ermöglicht wird, sind innere Widersprüche Voraussetzungen für einen produktiven menschlichen Geist.