Karrieristen können gefährlich werden. Hinweise auf den tatsächlichen Grad ihrer Gefährlichkeit lassen sich manchmal in äußeren Merkmalen finden. So etwa in Frisur, Kleidung oder Sprechduktus. Nehmen wir mal Herrn Karl Lauterbach ins Visier, seines Zeichens selbsternannter „Gesundheitsexperte“ der sinkfliegenden SPD, Direktor des ominösen Instituts für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie (IGKE) in Köln, SPD-MDB und Talkshow-Vielflieger.
Fangen wir mal bei der Frisur an. Auffällig ein bubenhafter Scheitel, der irgendwie seltsam zu den eher verkniffenen Lippen kontrastiert. Hat er die Maske auf, also trägt er den zwangsverordneten Mund-Nasen-Schutz mit demonstrativem Stolz, sieht er trotz aller gewollten und nicht gekonnten Pathetik beinahe wie ein Pennäler aus. Klein Karlchen im Maskenland.
Ganz so harmlos ist es beileibe nicht. Es ist auch bei ehrlichstem Bemühen fast aussichtslos, Herrn Lauterbachs Verbalergüssen zu entgehen. „Wie ein Mäusefurz in der Nacht“ hatte Saitenzupfer Leo Kottke einst seine Singstimme beschrieben. Bei Herrn Lauterbach furzt es zwar auch, nur nicht ganz so beschaulich: Bei ihm flatuliert kein Mäuschen in mondbeschienenem Zwielicht, sondern eher eine warzige Riesenunke mit Sprühstuhl in umnachtender Finsternis. Da kommt selbst beim monoton vorgetragenen Rheinländer-Singsang noch jede Menge unappetitliches Land mit. Und das klingt dann so:
„Es ist halt so, dass das exponentielle Wachstum. in dem wir uns derzeit befinden, würde bedeuten, wenn wir’s einfach laufen lassen, sagen wir, wir würden dann sagen, okay, wir können das jetzt aus rechtlichen Gründen nicht mehr beschließen, das würde ja zehntausende Todesopfer zur Folge haben.“ (Die WELT Interview, 25.10.2020, ab Min. 3:50). Hier können wir eine wesentliche Figur des Lauterbach’schen Denkens bestaunen: Gesetze (also Grundrechte) sind hinderlich, denn ihre Einhaltung könnte in die Seuchenkatastrophe führen.
Auch findet Herr Lauterbach einen großen Gefallen an der „Parallelregierung“ (Heribert Prantl) aus Bundeskanzlerin und Ministerpräsidenten, die fernab jedweder parlamentarischen Beteiligung quasi im Hinterzimmer tagt und weitreichende Grundrechtseinschnitte dekretiert. Dabei überschätzt er erschreckend naiv die Rolle des Bundestages in der bisherigen Coronazeit, der seine verfassungsmäßigen Aufgaben weitgehend aufgegeben hat : „Die Art und Weise, wie wir bisher vorgegangen sind, also die Länderchefs und also Merkel und dass das Kabinett und äh unter sagen wir Beobachtung durch den Bundestag durch die entsprechenden Mitverwaltungen und Mitbestätigung durch den Bundestag, die Art und Weise, wie wir bisher vorgegangen sind in der ersten Welle war relativ erfolgreich. Das heißt man kann sich überlegen, ist auf der Strecke der Bundestag etwas stärker einzubeziehen, als jetzt eine Debatte zu führen, was ist Aufgabe auch der Länder und was ist Aufgabe des Bundes ist jetzt nicht der Platz.“ (Phoenix vor Ort v. 27.10.2020, ab Min. 2:38)
Beobachtung durch den Bundestag? Mitbestätigung durch den Bundestag? Was meint der SPD-Parlamentarier mit diesen irgendwie wirren Worten? Seit einem Dreivierteljahr glänzt das wichtigste Verfassungsorgan unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung durch Schweigen und selbstverordnete Obsoleszenz. Nicht einmal die Opposition hat bisher nennenswert aufgemuckt, wenn Merkel und ihre Parallregierung per Exekutivverordnung mal wieder im Tiefsten der Lebensbedingungen von 83 Millionen Menschen herumgefuhrwerkt haben.
Gut, Polemik beiseite, die Situation ist ernst und Herr Lauterbach meint es ja eigentlich gut – vor allem mit seiner eigenen Karriere. Ein farbloser Krankheitspolitiker hat eine Nische gefunden, in der er sich PR-wirksam positionieren kann. Denn es ist Coronakrise, ein Killervirus geht um und wird über Viele Siechtum bringen, manche sogar in Intensivstationen oder gar den Sarg oder die Urne befördern. Lustig ist das beileibe nicht, im Gegenteil. Und das verursacht Angst. Genau diese Angst zieht sich dank der Mithilfe tüchtiger Massenmedien wie ein düsterer Schleier durch die Bevölkerung.
Es ist ein historisch bisher einmaliges Naturereignis von katastrophalem Ausmaß, dem man mit rigorosen Maßnahmen begegnen müsse, um eine Überlastung des Gesundheitssystems und damit ein Massensterben zu verhindern, so Lauterbachs Tenor. Je drastischer diese Maßnahmen ausfallen, um so besser. Um so mehr Menschen können gerettet werden, was ein moralisch sehr hohes und damit kaum anfechtbares Ansinnen ist. Apropos Auslastung des Gesundheitswesens: Es noch garnicht so lange her, da hatte Lauterbach höchstselbst eine Reduzierung der Krankenhausbetten gefordert. Oder als Pharmaonkel die Gesundheitsgefährdung von Menschen in Kauf genommen, die Bayers Lipobay verabreicht bekommen hatten.
Die Coronamaßnahmen kommen fast ausschließlich im preußischen Imperativ daher, in Form strafbewährter Verbote, aber besonders dramatisch in Gestalt massiver Einschränkungen von Grundrechten. In Form und Formulierung der Maßnahmen zeigt sich ein ethisch schon eher fragwürdiges Menschen- oder Bürgerbild: Der Bürger als unmündiger, zu keiner Eigenverantwortung fähiger Untertan des paternalistischen Staates. Der Bürger als Befehlsempfänger, der Bürger als virenverbreitender Patient. Klar, Lauterbach ist bloß Arzt und Gesundheitsökonom, kein Sozial- oder Politikwissenschaftler. Vom gesunden Funktionieren sozialer Systeme und politischer Gemeinwesen hat er keine Ahnung. Auch nicht von den Bedürfnissen und gesunden Lebensbedingungen der Menschen, noch weniger wohl vom Konzept der Salutogenese. Trotzdem scheint seine Karriere erfolgreich zu sein: vom Laborpfuscher über den Hinterbänkler zum Angstapostel. Wenn das nicht ist…
Der tatsächliche Ernst der Lage kann unterschiedlich eingeschätzt werden. Es gibt auch andere Experten mit höchster Reputation, die die Coronawelt nicht ganz so düster sehen, wie der Herr Lauterbach. Oder die darauf hinweisen, dass die rigiden Maßnahmen wie Shutdowns – seien sie nun komplett oder kommen sie in einer werbewirksamen Light- oder Wellenbrechenvariante daher – jede Menge Kollateralschaden produzieren. Kollateralschaden, deren Zahlen nicht tagtäglich und mantraartig in den Hauptnachrichten verkündet werden.
Abertausende Menschen, die durch faktische Berufsverbote in Existenznöte getrieben werden, Patienten, die durch ausgesetzte Operationen und verschobene Behandlungen schwere Krankheitsverläufe erleiden. Tausende, die durch Isolation und die verordnete Eindämmung ihrer Sozialkontakte in Einsamkeit und psychisches Leid getrieben werden. Tausende, die durch das vorgeschriebene Tragen von Gesichtsmasken behindert und beeinträchtigt werden, von der verheerenden Wirkung des Wegfalls wichtiger nonverbalen Kommunikationsanteile ganz zu schweigen. Und zu guter Letzt all die kaum bezifferbaren psychologischen Folgen einer Krisenkommunikation, die die Menschen seine Monaten mit Alarmismus, absoluten oder kumulierten Infektions- und Todeszahlen, Hiobsbotschaften und drohenden Horrorszenarien bombardiert. Einer angstverbreitenden Krisenkommunikation, zu auch Angstapostel Lautbach viel beigetragen hat.
Aber Herr Lauterbach kann auch anders, er kann sogar Hoffnung verbreiten. Als neulich die Pharmaunternehmen BioNtech (+Pfizer) und Moderna von großen Fortschritten in der Impfstoffforschung berichteten, machte er beinahe so hohe Luftsprünge, wie die Aktienkurse der betreffenden Firmen. Auch Frau Merkel stimmte ein und lies verlauten, dass ein Impfstoff gegen COVID19 vielleicht noch in diesem Jahr zur Verfügung stehen könnte. Wohl denn, mögen sich Lauterbach und Merkel gerne als erste Impfkandidaten zur Verfügung stellen und einen im Schnellverfahren und per Notzulassung genehmigten neuartigen RNA-Impfstoff in die Adern spritzen lassen. Immerhin wurden die Pharmaunternehmen von jeglicher Haftung ausgeschlossen. So viel Vertrauen in Big Pharma muss schließlich sein!